Donnerstag, 3. November 2011

New York Tag 28 - 9/11 Memorial zum zweiten Mal

Tag 28, Donnerstag 03.11.11

Vier Wochen Manhattan!
Danke für eure lieben Kommentare! Danke fürs Mitleiden und Mitfreuen :) so ist das Leiden halbiert und das Freuen gedoppelt :)
@L: du hast recht. es hört nie auf. NIE. N-I-E. egal, WO man ist. nie. einfach nie.

... und wieder früh raus und rüber ins Krankenhaus. Heute sollte ich mich ja mit einwaschen dürfen :) aber natürlich kam wieder alles anders.
08:30 Uhr war ich da, aber das ganze Theater hat mal wieder nicht bis 09:15 Uhr angefangen. Sowas ineffektives! Da läuft der Hase in deutschen OP-Sälen doch ganz anders. Und ich sage euch mal noch ein paar Unterschiede: Dr. O aspiriert nie, wenn sie Lidocain/Epinephrin spritzt, sondern injiziert immer sofort. Der Resident hat heute die Mundhöhle eines Patienten nicht desinfiziert und dann wurde dort operiert! Das Vorher-Desinfizieren läuft sowieso anders: sie desinfizieren nicht vom OP-Gebiet nach außen, sondern kreuz und quer. erst das OP-Gebiet, dann Nase, Augenbrauen, Haare, dann wieder da OP-Gebiet. TsTsTs. Das mit den Straßenschuhen und den halbsterilen Kitteln hatte ich ja schon erzählt. Bei Dr. O rutschen immer die Haare unter der OP-Haube heraus. Jeder Patient bekommt perioperativ Antibiotika. Und die Lido/Epi-Injektion erfolgt absolut unsteril (weder Haut- noch Handdesinfektion vorher). Scheinbar sind die post-OP-Infektionsraten nicht höher als sonst wo, aber wenn man das einmal anders gelernt hat, dann ist es schon etwas .. anders.
Gut, zurück zum Tag. Die erste OP ist ausgefallen. Der Patient kam nicht (die Eltern des Kindes wollten schnell vor der OP noch eine Zweitmeinung einholen. Das ist ihnen ja richtig früh eingefallen). Blieben noch sechs weitere OPs, verteilt auf zwei Säle (Saal 9 und Saal 15). Von diesen zwei OPs waren zwei Kinder vorher fürs MRT angemeldet. Dabei kam bei beiden heraus, dass sie ein Lymphangiom haben. Das wird, z.B., mit einer Injektion mit Bleomycin behandelt. Das hat der dortige Angiologe Dr. Berenstein auch gemacht. Nur konnten die Kinder direkt danach nicht mehr operiert werden. Blieben noch 5 OPs plus ein Nachrücker von Dr. Fay (ja, der war heute auch wieder da).
Mal sehen, wer war sonst noch da: Dr. O und Dr. Waner natürlich. Dr. Chung, Brian und Danielle (die waren aber die meiste Zeit bei Dr. Berenstein im MRT). Louis, ein Resident mit unaussprechlichem indischen Namen und ein iranischer Hospitant aus der Gefäßchirurgie. Und am Ende noch Dr. Fay. Die OP-Säle waren VOLL. Ums kurz zu machen: ich habe mich nicht mit steril einwaschen und am Tisch stehen können. Die meiste Zeit wurde von den beiden verfügbaren Sälen sowieso nur einer genutzt (Saal 15) (der andere, Saal 9, stand die ganze Zeit leer!), weil das Anästhesie-Team von Saal 9 mit zu den MRTs musste. Nur die letzte Waner-OP und die Fay-OP wurden in Saal 9 operiert. Die meiste Zeit hat heute Dr. O in Saal 15 mit dem Resident operiert und ich hab zugeguckt. Aber es gab auch große, lange Zeitlücken, in denen nichts passiert ist. Die habe ich in der surgeons lounge mit Kaffe, O-Saft, Marmeladen-Toastbrot und Internet verbracht. Ich frag mich dann immer, warum niemand das ganze mal ein bisschen vorantreibt um irgendwann mal pünktlich Feierabend zu haben!? Vor allem an einem so vollen Tag! Aber hier ist es irgendwie so, dass die Chirurgen die Chefs sind und die Anästhesisten eben warten müssen. Ich habe noch kein Krankenhaus in Deutschland erlebt, in dem es solch einen Hierarchieunterschied gab! Naja, gegen 12 Uhr ist Chuck mal vorbei gekommen, ich wieder mit Kaffee und O-Saft raus :D hihi
Chuck ist dann zu der Zeitarbeitsfirma gefahren um seinen Scheck abzuholen. Da gabs aber riesige Probleme! Ihm wurde unterstellt, er habe letzte Woche dort nicht gearbeitet, und er habe Umfrageergebnisse gefälscht usw.! Jedenfalls wollten die ihn nicht bezahlen, aber er hat sich nicht abspeisen lassen. EINE ganze Stunde musste er warten, bis die endlich rausgekriegt hatten, wieviele Stunden er letzte Woche gearbeitet hat, dann hat er endlich seinen Scheck bekommen und zur Bank gebracht.
Während der vorletzten OP hat mich Dr. O dann gefragt, ob ich an einem Paper arbeiten möchte! ich habe natürlich JA!! gesagt. Es ist so: sie hat das Paper schon geschrieben, aber es muss noch überarbeitet werden, einige Fragen müssen geklärt und ein paar neue Bilder und Quellen müssen ergänzt werden, dann ist das Paper fertig. UND ich werde bei den Autoren dabei stehen :) UND Dr. O hat noch zwei solcher paper, um die ich mich kümmern werden kann!! :D YAAAY!! Andy aus dem OP hat mir heute mehrfach prophezeit, dass ich mal eine große, weltberühmte Chirurgin werde, hihi!
So, ich bin dann um 16 Uhr noch in die letzte OP in Saal 9 mit reingegangen (OP-Saal 15 war da gerade erst beim Vorbereiten den letzten langen OP), Dr. Fay-OP. Dr. Fay war mal wieder in seinem Element. So ein blasierter, arroganter Schnösel! Wie der die arme OP-Schwester angegangen ist, manmanman. Ich weiß nicht, was ich zu dem sonst noch sagen soll. Außer vielleicht, dass er ein super Chirurg ist und sich dessen natürlich sehr bewusst. Ansonsten gibts noch zu erzählen, dass es dann heute wegen des ganzen Durcheinanders (den ganzen Tag wurden Patienten hin- und hergetauscht, sowohl zeitlich als auch hin und her durch die OP-Säle), richtig Ärger gab zwischen Anästhesisten und Operateuren. Aber ich verstehe die Anästhesisten. Dieses Hin und Her; und immer müssen sie mitspringen!
Die OP von Dr. Fay war sehr traurig. Ein 5-jähriges Mädchen, vor einem Jahr mit Rhabdomyosarkom HINTER dem Augapfel diagnostiziert, Augapfel total entfernt (da war ein richtiges Loch, man konnte bis zu den inneren Nasenmuscheln gucken!), hatte jetzt wieder einen Knoten neben der Augenbraue, Verdacht auf ein Wiederauftreten des Tumors bestand. Dr. Fay hat also nur zur Biopsie den Knoten entfernt. :( 16:30 Uhr bin ich dann gegangen.
Chuck war dann schon zuhause. Gegen 18 Uhr sind wir nochmal losgefahren zum Ground Zero und haben uns das 9/11-Memorial nochmal im Dunkeln angesehen. Das war fast noch eindrucksvoller als vor ein paar Tagen im Halbdunkel :)
 Flaschensammler

 so sehen die Inschriften in der Mauer rund um die Pools aus


 das wird das neue Museum auf dem Gelände


UND es gab keine Ansteheschlange mehr! wir waren innerhalb von 5 Minuten drinnen!
Um 20 Uhr waren wir wieder zuhause und jetzt reichts auch für heute. Gute Nacht ihr Lieben!

4 Kommentare:

  1. Dann wäre es doch interessant, mal die postoperativen Infektionsraten in DL und USA zu vergleichen. Oder gibt es das schon?
    Prof. Waner kennt doch die Effizienz der Abläufe in deutschen OP`s, auch die Zusammenarbeit mit Anästhesisten. Scheinbar sieht er aber keinen Änderungsbedarf für USA, oder?
    Viele Grüße Euch beiden und Daumendrücke für Chuck. TGI.

    AntwortenLöschen
  2. Die Zahlen zu vergleichen fände ich auch unheinlich interessant - bei der Beschreibung fürchte ich nur, dass es keine Aufzeichnungen darüber gibt. Man spürt schon beim Lesen einen riesen Unterschied zwischen den Nationalitäten - vielleicht kommt die Situation aber auch durch die jahrelange internationale Besetzung der OP Teams. Chuck - ich bin auf deiner "unsterilen" Seite - du lebst ruhiger. LG Su

    AntwortenLöschen
  3. ich bin zu dumm bei euch mitzureden,
    also lasse ich es 1

    AntwortenLöschen
  4. hey cathi, schade, dass das mit dem mitmachen im op nicht geklappt hat :-( aber immerhin das eine oder andere paper :-) viele liebe grüße aus berlin an euch!!! meh

    AntwortenLöschen